„Gib mir Raum“ – Kirche und Hochschule: Ein spannungsvolles Verhältnis
Was hat Kirche eigentlich auf dem Campus zu suchen? Wie sollen Hochschulen mit Religionen umgehen? Braucht die Kirche den öffentlichen Raum im Hochschulumfeld überhaupt? Prominente Gäste und rund 75 Teilnehmer aus ganz Deutschland beschäftigten sich am Montagabend mit Fragen wie diesen auf der Podiumsdiskussion „Gib mir Raum – Kirchliche Orte im Hochschulalltag“.
Die Evangelische Studierendengemeinde Münster und der Verein der Freundinnen und Freunde des Ökumenischen Volkeningheims e.V. hatten zu der digitalen Veranstaltung eingeladen. Auf dem virtuellen Podium debattierten Ulf Schlüter, Theologischer Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Corinna Hirschberg als Bundesstudierendenpfarrer und Prof. Dr. Traugott Roser, Professor für Praktische Theologie an der WWU. Die Teilnehmer konnten ihre Fragen über Textnachrichten stellen. Zwischendurch wurden Videos mit Statements von Bewohnern des Ökumenischen Volkeningheims und Studierenden der evangelischen Theologie eingeblendet. Diese berichteten, wie sie den Zugang von Kirche zur Hochschule erleben.
„Ich habe mich besonders über die klugen, teilweise auch kritischen Nachfragen an unsere Kirchenleitung gefreut“, sagt Annika Klappert, Pfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde Münster und Moderatorin des Abends. „Alle drei Diskutanten hatten jeweils eine unterschiedliche Perspektive und erkennbar reges Interesse an dem Thema.“
Das Thema des Abends wurde sowohl auf lokaler als auch auf bundesweiter Ebene beleuchtet. Dr. Birgit Sendler-Koschel, Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche in Deutschland, stellte zu Beginn der Veranstaltung das offizielle Papier „Religion und Glauben gehören mitten auf den Campus“ erstmalig vor. Die Leiterin der Bildungsabteilung der EKD betonte, wie wichtig es sei, dass Menschen verschiedener Religionen an Hochschulen konstruktiv miteinander ins Gespräch kommen und auf diese Weise Vielfalt gefördert werde.
Im Laufe des Abends wurde jedoch deutlich: Das Verhältnis zwischen Kirche und Universität ist spannungsvoll. Die Kirche steht angesichts sinkender Mitgliederzahlen unter Druck, auch Studierende stärker zu erreichen als bisher. Andererseits wird ihre Präsenz auf dem Campus zunehmend infrage gestellt. „Ich habe von dem Abend mitgenommen: Die Kirche hat ein Recht dazu, auch an der Hochschule vertreten zu sein, weil es ein öffentlicher Raum ist. Sie wehrt sich dagegen, in den privaten Raum zurückgedrängt zu werden.“, so Johanna Baumann, Theologiestudentin in Münster.
Corinna Hirschberg berichtete, dass das Klima für religiöse Gruppen und Anliegen an der Hochschule in den letzten Jahren deutschlandweit rauer geworden ist. Das zeige sich zum Beispiel, so Hirschberg, wenn religiöse Hochschulgruppen vom AStA nicht mehr offiziell anerkannt werden. Auch Räume des Gebets werden zunehmend eingespart – so scheint auch in Münster ein Raum der Stille am neu entstehenden Campus der Theologien im Hüfferstift zu scheitern.
Grundsätzlich sei das Verhältnis zwischen Hochschule und Kirche in Münster aber vorbildhaft, betonten die Geladenen. Besonders in der Evangelischen Studierendengemeinde und dem Ökumenischen Volkeningheim würden junge Erwachsene mit Gemeinschaft, Seelsorge und interkultureller Integration unterstützt. Auch die Podiumsdiskussion wurde hauptsächlich von aktuellen und ehemaligen Bewohnern des Volkeningheims vorbereitet. Annika Klappert zieht daher das Fazit: „Diese Veranstaltung war ein super Beispiel dafür, was passiert, wenn man Studierenden Raum gibt.“
Luise Heitkamp